Auswertung Anfrage: Wie viele Anträge für Abrissgenehmigungen nach dem Zweckentfremdungsgebot wurden seit 2018 gestellt?

Dringender Handlungsbedarf bei Abrissen von Wohnungen

Die Gesamtzahl der Anträge auf Abriss stieg von 369 im Jahr 2018 auf 516 im Jahr 2021 stark an. Die Schwerpunkte liegen in den Bezirken Mitte mit insgesamt 372 und Charlottenburg-Wilmersdorf mit insgesamt 323 beantragten Abrissen. In Mitte wurden 181 Anträge negativ beschieden, in Charlottenburg-Wilmersdorf nur 33. Ein starker Anstieg der Abriss-Anträge lässt sich in Reinickendorf (von 28 in ‘18 auf 63 in ‘21) und Marzahn-Hellersdorf (von 7 in ‘18 auf 76 in ‘21) feststellen.

Nach dem Zweckentfremdungsverbotsgesetz müssen bei Abrissen, Wohnungen in gleicher Anzahl und zu höchstens 7,92€/qm neu geschaffen werden. Die Gesamtzahl der nachgewiesenen Ersatzwohnungen bewegt sich jedoch auf einem konstant niedrigen Niveau. In den Bezirken Mitte und Charlottenburg-Wilmersdorf wurde im Berichtszeitraum keine einzige Ersatzwohnung geschaffen. Demgegenüber wurden in Reinickendorf und Marzahn-Hellersdorf insgesamt 125 bzw. 154 Ersatzwohnungen nachgewiesen.  

Bei den Grundstücken, die als „beschränktes Arbeitsgebiet“ ausgewiesen sind und auf denen eine Wohnbebauung errichtet wurde, sticht Mitte mit 91 Standorten heraus. Zuletzt hatte der drohende Abriss von 140 Wohnungen in der Tegeler Str 1-7 und Fennstr. 33-34 im Wedding auf die Problematik aufmerksam gemacht. 

“Der Abriss von Wohnraum ist in Zeiten von Wohnungsnot und Klimakrise ein Riesenskandal. Der starke Anstieg von Abrissanträgen ist ein Warnsignal.

Die Bezirke Mitte und Charlottenburg-Wilmersdorf haben sich zu Abriss-Eldorados entwickelt. Hintergrund sind die enorm gestiegenen Bodenwerte in den Bezirken, die einen starken Verwertungsdruck erzeugen. Um dagegen zu halten, müssen die Bezirke die gesetzlichen Möglichkeiten des Zweckentfremdungsrechts voll ausschöpfen und mehr Milieuschutzgebiete ausweisen. In Friedrichshain-Kreuzberg gibt es trotz steigender Grundstückspreise kaum Abrisse, da nahezu der gesamte Bezirk unter Milieuschutz steht.

Die Vorschriften im Zweckentfremdungsverbotsgesetz reichen offenbar nicht aus, um Abrisse unattraktiv zu machen. Die Mietobergrenze von 7,92 Euro/m² für Ersatzwohnraum droht gerichtlich aufgehoben zu werden und könnte das Abrissgeschehen weiter anheizen. Dafür müssen Vorkehrungen getroffen werden. 

 Bei der Schaffung von Ersatzwohnraum besteht dringender Handlungsbedarf. Der Senat sollte gemeinsam mit den Bezirken evaluieren, warum bislang so wenig Ersatzwohnungen geschaffen wird. Da muss nachgebessert werden.

Die 91 Standorte im Bezirk Mitte, die als beschränktes Arbeitsgebiet ausgewiesen sind und auf denen eine Wohnbebauung errichtet wurde, sind eine tickende Zeitbombe. Es droht eine massive Verdrängungswelle, wie zuletzt der drohende Abriss von 140 Wohnungen im Weddinger Mettmannkiez zeigte. Es braucht nun eine gemeinsame Strategie von Senat und Bezirken, um betroffene Mieter:innen besser zu schützen.”

Die vollständige Anfrage findet sich hier.

Feb 21, 2022

 
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Auswertung Anfrage: Wie viele öffentlich geförderte mietpreis- und belegungsgebundene Neubauwohnungen sind im Jahr 2021 fertiggestellt worden?